Braucht die Truppe einen Hubschrauberträger?
Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 12.05.2009
Nach der gestoppten Geiselbefreiung beantwortet die Bundesregierung die Frage nach den Konsequenzen uneinheitlich
Nach der abgeblasenen Geiselbefreiung vor Somalia wird in Berlin viel über die Konsequenzen spekuliert. Innenminister Schäuble (CDU) pocht erneut darauf, die Verfassung zu ändern. Die Regierung räumt aber ein, dass die GSG-9-Operation nicht an der Rechtslage gescheitert ist.
Von Bärbel Krauß, Berlin
Die ersten Vertreter von Werften haben in Berlin angeblich schon angeklopft und angeboten, innerhalb von zwei Jahren einen Hubschrauberträger für die deutsche Marine zu bauen. Das jedenfalls erzählen Verteidigungspolitiker aus dem Bundestag, wenn sie danach gefragt werden, welche Lehren aus der abgebrochenen Operation der GSG 9 zur Geiselbefreiung zu ziehen wären.
Überhaupt wird nach der abgebrochenen Operation zur Befreiung deutscher Geiseln aus der Gewalt somalischer Piraten so viel über mögliche Konsequenzen diskutiert, dass man das ganze Hin und Her als Teil eines Schwarze-Peter-Spiels betrachten kann. Am liebsten wäre es den Mitspielern selbstredend, wenn irgendein Mangel bei der Kompetenzverteilung oder der Ausrüstung ganz eindeutig als Ursache für den Abbruch der Operation benannt werden könnte, den viele als Riesenblamage empfinden. Und am besten wäre natürlich, wenn man selbst, der eigene Minister oder die eigene Partei gerade dafür ganz und gar nicht zuständig wäre.
Dass es den deutschen Sicherheitskräften an der nötigen Ausrüstung für solche Geiselbefreiungen auf See fehle, ist eine der Lieblingsthesen, die gerade auf dem politischen Parkett diskutiert werden. Vor allem ein Hubschrauberträger steht auf der Wunschliste mancher Politiker ganz oben, seit die Deutschen für die geplante Befreiung der Hansa Stavanger auf das US-Schiff Boxer zurückgreifen mussten. Das Verteidigungsministerium mochte gestern die derzeit ach so populäre Beschaffung eines solchen Schiffes denn auch nicht rundweg ablehnen.
Dass eine solche Anschaffung den Erfolg künftiger Operationen garantiert, wird allerdings in beiden Koalitionsfraktionen bezweifelt. "Da die Piraten mit Radar arbeiten, sehen sie jeden Hubschrauber, der sich nähert", meint der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold nüchtern. "Da kann sich keiner unbemerkt aus der Luft abseilen." Ähnlich sieht es der CDU-Verteidigungspolitiker Ernst Reinhard Beck. Nach allem, was er über die gestoppte GSG-9-Operation erfahren hat, sieht er die sechs bis acht Minuten, die die Hubschrauber mit dem Spezialkommando für die Annäherung an das gekaperte Schiff gebraucht hätten, als die kritische Phase einer solchen Mission. "Wenn dort das Risiko liegt, dann kann man überhaupt kein Schiff vom Hubschrauber aus befreien", betont er. Dass sich damit auch die Dringlichkeit für die Anschaffung eines Hubschrauberträgers relativiert, liegt auf der Hand.
Innenminister Wolfgang Schäuble, unterstützt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, macht sich aufgrund der Erfahrungen mit der GSG-9-Mission erneut für eine Verfassungsänderung stark. Dies könnte ein zweiter Selbstläufer in der Debatte werden, allerdings aus anderen Gründen. Denn in einem sind sich SPD und Union, das Außenamt ebenso wie Innenministerium und Kanzleramt einig: im konkreten Fall der Hansa Stavanger wäre eine Geiselbefreiung auch ohne eine Präzisierung des Artikels 87 a möglich gewesen. Das erklärten übereinstimmend das Außen- und das Innenministerium.
Aber Schäuble und die Union wollen eben schon lange die Trennung zwischen Polizei- und Bundeswehraufgaben aufweichen. So hält Regierungssprecher Ulrich Wilhelm denn auch lediglich fest, dass es in dieser Frage unterschiedliche Standpunkte in der Koalition gebe und mit einer Einigung in den verbleibenden Monaten nicht zu rechnen sei. Der Wahlkampf kann kommen.
Príncipe de Asturias y BPE Juan Carlos I
Viele grüße.